PsychKHG 327 BB § 20  Behandlung (1) 1 Wer aufgrund dieses Gesetzes in einer an- erkannten Einrichtung untergebracht ist, hat An- spruch auf die notwendige Behandlung. 2 Die Be- handlung der Anlasserkrankung soll die tatsächli- chen Voraussetzungen freier Selbstbestimmung der untergebrachten Person so weit als möglich wieder herstellen, um ihr ein möglichst selbstbe- stimmtes, in der Gemeinschaft eingegliedertes Leben in Freiheit zu ermöglichen. 3 Die Behand- lung umfasst auch Untersuchungsmaßnahmen sowie Maßnahmen, die erforderlich sind, um der untergebrachten Person nach ihrer Entlassung ein eigenverantwortliches Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. (2) 1 Die Behandlung bedarf der Einwilligung der untergebrachten Person. 2 Die Einwilligung muss auf dem freien Willen der insoweit einwilligungs­ fähigen und ärztlich angemessen aufgeklärten un- tergebrachten Person beruhen. (3) 1 Die Einwilligung der untergebrachten Person in die Behandlung, die ihrem natürlichen Willen widerspricht (Zwangsbehandlung), ist dann nicht erforderlich, wenn und solange 1. sie krankheitsbedingt zur Einsicht in die Be- handlungsbedürftigkeit der Krankheit, wegen derer ihre Unterbringung notwendig ist, oder zum Handeln gemäß solcher Einsicht nicht fähig ist und die Behandlung nachweislich dazu dient, a) eine Lebensgefahr oder eine gegenwärti- ge erhebliche Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person abzuwenden oder b) die tatsächlichen Voraussetzungen freier Selbstbestimmung der untergebrachten Person so weit als möglich wiederher- zustellen, um ihr ein möglichst selbstbe- stimmtes, in der Gemeinschaft eingeglie- dertes Leben in Freiheit zu ermöglichen, oder 2. die Behandlung dazu dient, eine Lebensgefahr oder eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für die Gesundheit dritter Personen abzuwenden. 2 Die Behandlung nach Satz 1 muss im Hinblick auf das Behandlungsziel, das ihren Einsatz rechtfertigt, Erfolg versprechen. 3 Sie darf nur als letztes Mittel eingesetzt werden, wenn mildere Mittel, insbeson- dere eine weniger eingreifende Behandlung, aus- sichtslos sind. 4 Die Belastungen dürfen nicht au- ßer Verhältnis zu dem erwartbaren Nutzen stehen. 5 Dieser muss mögliche Schäden der Nichtbehand- lung deutlich feststellbar überwiegen. (4) 1 Eine Behandlung nach Absatz 3 darf nur auf ärztliche Anordnung und unter ärztlicher Überwa- chung durchgeführt werden. 2 Zuvor hat eine Ärztin oder ein Arzt die untergebrachte Person ange- messen aufzuklären und zu versuchen, ihre auf Vertrauen gegründete Zustimmung zu erreichen. 3 Die Behandlungsmaßnahmen sind zu dokumen- tieren einschließlich ihres Zwangscharakters, ihrer Durchsetzungsweise, ihrer maßgeblichen Gründe und der Wirkungsüberwachung. 4 Eine zu dokumen- tierende Nachbesprechung durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt muss erfolgen, sobald es der Gesundheitszustand zulässt. (5) 1 Eine Behandlung nach Absatz 3 ist auf An- trag der behandelnden anerkannten Einrichtung nur mit vorheriger Zustimmung des Betreuungs- gerichts, bei nach § 32 untergebrachten Personen der Strafvollstreckungskammer beziehungsweise der Jugendkammer zulässig. 2 Dies gilt nicht in den Fällen von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 Buchsta- be a und Nummer 2, wenn hierdurch die Behand- lung verzögert würde und sich hieraus Nachteile für das Leben oder die Gesundheit der gefährdeten Person ergeben würden („Gefahr im Verzug“). 3 Die gerichtliche Entscheidung ist unverzüglich herbei- zuführen, sobald die untergebrachte Person nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b weiterbe- handelt wird. 4 Für die Strafvollstreckungs- und die Jugendkammern gelten die Vorschriften des Ge- setzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit über die Zwangsbehandlung (§§ 312 bis 339 Fam- FG) entsprechend. (6) 1 Eine wirksame Patientenverfügung der zu be- handelnden Person (§§ 1901 a und 1901 b BGB) ist zu beachten. 2 Schließt sie eine Behandlung nach Absatz 3 aus, geht die Patientenverfügung vor, nicht jedoch in Fällen gegenwärtiger erheblicher Fremd- gefährdung (Absatz 3 Satz 1 Nummer 2).