Page 9 - GB_2019
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Vorstand 9 Wichtig ist für uns die gemeinsame Zielrichtung. Best- möglichen Gesundheitsschutz unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Interessen mit den Freiheitsrechten in Einklang zu bringen. Die Bundesregie- rung und die Landesregierungen haben unser Vertrauen und sie können sich in dieser schweren Krise auf uns verlassen. Allerdings wird die GKV nicht endlos alle Maßnahmen finan- zieren können, welche die Corona-Pandemie im Gesundheits- wesen mit sich bringt. Die prospektiv negative wirtschaftliche Entwicklung wird sich auf die Beitragseinnahmen beim Ge- sundheitsfonds entsprechend auswirken und diesen finanziell unter Druck setzen. Es ist auf Jahre hin mit niedrigeren Bei- tragseinnahmen zu rechnen. Um einerseits die Leistungsfähig- keit der GKV sicherstellen zu können und andererseits Wirt- schaft und Versicherte nicht mit sehr hohen Beiträgen zur GKV zu belasten, braucht es ein Finanzierungskonzept für die GKV, das die nächsten Jahre trägt. Ohne dauerhaft höhere Bundes- zuschüsse drohen Beitragssatzsteigerungen, die in einer Rezes- sion alles andere als stimulierend für das Wirtschaftswachstum wären. Insofern hat die Bundesregierung mit der im Juni 2020 abgegebenen „Sozialgarantie 2021“ ein wichtiges Zeichen ge- setzt. Die Betriebskrankenkassen werden diesen Prozess und die damit verbundenen Diskussionen sowie Entscheidungen konstruktiv mitgestalten. Ziel muss es weiterhin sein, das hohe Niveau der Gesundheitsversorgung für die Versicherten wei- terzuentwickeln und eine gerechte und solidarische Finanzie- rung sicherzustellen. Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz – GKV-FKG Im Koalitionsvertrag der amtierenden Bundesregierung wurde die Weiterentwicklung des Morbi-RSA festgeschrieben. Eine langjährige Forderung der Betriebskrankenkassen fand damit den Weg in das Regierungsprogramm von CDU/CSU und SPD im Bund. Der Morbi-RSA hat in den vergangenen Jahren zu erheblichen finanziellen Verwerfungen innerhalb der Finanzierungssyste- matik des Gesundheitsfonds und der Krankenkassen geführt. Bestimmte Krankenkassen haben kontinuierlich Vermögen aufbauen können, andere hingegen konnten durch zu geringe Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds ihre Ausgaben kaum decken. Eine wesentliche Funktion des Morbi-RSA, nämlich faire Wettbewerbsbedingungen unter den Krankenkassen zu schaffen, war nicht mehr gegeben. Das Gesetz trug im ersten Referentenentwurf des Bundes- gesundheitsministeriums im März 2019 ursprünglich den Titel „Faire-Kassenwahl-Gesetz“. Grund hierfür war ein organi- sationsrechtlicher Teil für die Krankenkassen, der im Reform- paket enthalten war. Dieser sah im Kern die bundesweite Öff- nung aller Krankenkassen – mit Ausnahme der traditionellen Betriebskrankenkassen – vor. Für die Versicherten hätten sich somit weitere Möglichkeiten für die Ausübung ihres Kassen- wahlrechts ergeben – unabhängig von ihrem Wohnort und dem Sitz der Krankenkassen. Ein wesentlicher Nebeneffekt dieser Maßnahme wäre die Neuordnung der Zuständigkeiten der Aufsichtsbehörden gewesen. Für alle marktoffenen Kran- kenkassen hätte dies zur Folge gehabt, dass die Kassenauf- sicht auf das heutige Bundesamt für Soziale Sicherung über- gegangen wäre. Erwartungsgemäß hat dieser Vorschlag zu Gegenreaktionen bei den Ländern geführt. Und das mit Erfolg. Letztendlich hat das Bundesgesundheitsministerium den Plan verworfen und den organisationsrechtlichen Teil im Wesent- lichen auf die neuen Haftungsregelungen bei den Kranken- kassen und Änderungen in den Entscheidungsgremien beim GKV-Spitzenverband beschränkt. Mit dem Regierungsentwurf bekam das Gesetzesvorhaben jetzt auch einen neuen Titel – „GKV-Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz“. Ab diesem Zeitpunkt war der Morbi-RSA wieder verstärkt im Fokus der gesundheitspolitischen Diskussion. Je nach Aus- gangs- und Interessenslage bildeten sich dabei auch kassen- artenübergreifende Allianzen. Der Reformentwurf der Bundes- regierung folgte im Wesentlichen den Gutachten des Wissen- schaftlichen Beirats zur Weiterentwicklung des Morbi-RSA. Mit der Einführung insbesondere folgender Maßnahmen soll der Morbi-RSA seine ursprüngliche Zielsetzung wieder erreichen: n Vollkostenmodell, bei dem alle Diagnosegruppen heran- gezogen werden (bislang 50 bis 80 Diagnosegruppen) n Risikopool, der Kosten über 100.000 EUR pro Krankheits- fall und Jahr unter den Krankenkassen teilweise ausgleicht n Regionalkomponente, die regionale Über- und Unter- deckungen im Finanzausgleich abbauen soll n Streichung des Kriteriums Erwerbsminderungsrente, da die Morbidität dieses Personenkreises im Finanzausgleich bereits berücksichtigt wird n Manipulationsbremse, die insbesondere die Einfluss- nahme auf Diagnosekodierung unterbinden soll n Vorsorgepauschale, mit der Anreize für Präventionsange- bote der Krankenkassen gesetzt werden sollen n Arzneimittelrabatte, die künftig versichertenindividuell berücksichtigt werden In der Gesamtbetrachtung haben wir viele unserer politischen Forderungen in dieser gewichtigen Reform des Morbi-RSA realisieren können. Hier kann das BKK System als Ganzes einen Erfolg verbuchen. Die Anwendung der neuen Morbi- RSA-Mechanismen erfolgt ab dem Jahr 2021 und wird für die Krankenkassen erst mit dem Schlussausgleich für das Jahr 2021 im Jahr 2022 abschließend finanzwirksam werden.  


































































































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