Ohne Strukturreformen wird es nicht gehen

· Stuttgart

Gesundheitspolitische Veranstaltung 
der B 52-Verbändekooperation Baden-Württemberg 

Krankenkassen und ihre Verbände fordern grundlegende Finanzreform in der gesetzlichen Krankenversicherung – Gesundheitsminister Manne Lucha kündigt Ausbau des Öf-fentlichen Gesundheitsdienstes an

Wie lässt sich die Gesundheitsversorgung in Baden-Württemberg krisenfest machen? Darüber diskutierten Politik und Akteure aus Gesundheitswesen und Krankenkassen bei der gesundheitspolitischen Veranstaltung im Stuttgarter GENO-Haus mit dem Titel „Krisenfeste Gesellschaft – Impulse für die Gesundheitsversorgung in Baden-Württemberg“, zu dem die B 52-Verbändekooperation am Donnerstagnachmittag geladen hatte. Einigkeit herrschte darüber, dass es ohne erhebliche strukturelle Veränderungen im Gesundheitssystem nicht gehen wird. Insgesamt verfolgten rund 200 Zuschauer vor Ort und im Livestream die hochkarätig besetzte Veranstaltung. 

Unabdingbare Voraussetzung für ein krisenfestes Gesundheitswesen: eine „grundlegende Reform der Finanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung, die dauerhaft trägt“, forderte Anton Haupenthal für die einladende B 52-Verbändekooperation Baden-Württemberg, die sich aus dem BKK Landesverband Süd, der IKK classic, der KNAPPSCHAFT und dem Verband der Ersatzkassen Baden-Württemberg zu-sammensetzt. Jacqueline Kühne appellierte im Namen der Verbändekooperation an die Politik, hier die richtige politische Entscheidung zu treffen – die bisher angedachten Ansätze zur Krankenkassenfinanzierung hätten „mit solider Finanzpolitik wenig zu tun.“

Als wichtiger Grundpfeiler für ein tragfähiges Gesundheitswesen hat sich während der Pandemie der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) erwiesen, der bis dato weder sachlich noch personell hinreichend ausgerüstet war, um eine solche Krise bewältigen können, betonte der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha. Um für künftige Krisensituationen gewappnet zu sein, wolle das Land die Digitalisierung und personelle Stärkung des ÖGD vorantreiben. Darüber hinaus müssten Doppelstrukturen im Gesundheitswesen abgebaut sowie die ambulante, stationäre Versorgung, Rehabilitation und Pflege besser verzahnt werden. Bei dieser Verzahnung spielten die Kommunen eine immer größere Rolle. Für Modelle, bei denen multiprofessionelle Teams unter Einbeziehung der niedergelassenen Ärzte und der Kommunen die Gesundheitsversorgung auf tragfähige Beine stellen, habe das Land eben 10 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, so Lucha.

Im Moment gibt es im Gesundheitswesen „Parallelstrukturen, die wir uns nicht leisten können“, konstatierte Prof. Dr. Mark Dominik Alscher, medizinischer Geschäftsführer am Robert Bosch Krankenhaus in Stuttgart. „Wir müssen alles bündeln, was wir haben.“ Dazu gehöre nicht nur, Prozesse zu optimieren und multiprofessionelle Teams in der Versorgung einzusetzen, sondern auch ein neuer Umgang mit Daten: „Das ist ein Riesenpotenzial, das wir nicht gut realisieren“, so Alscher weiter.

Fachkräftemangel ist ein Thema, das nicht nur die Krankenhäuser, sondern auch die Hausärzte beschäftigt. Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Vorsitzende des Hausärzteverbands Baden-Württemberg, sieht eine hausarztzentrierte Versorgung mit Delegationsmodellen und einer Akademisierung der nicht-ärztlichen Mitarbeitenden als richtigen Ansatz. So gebe es ab 1. Oktober einen bundesweiten Bachelor-Studiengang zur Akademisierung der Versorgungsassistenzen in den Hausarztpraxen. Mehr Digitalisierung sei auch in der Hausarztpraxis erforderlich, so Buhlinger-Göpfarth weiter.   

Akademisierung allein wird kaum ausreichen, dem Fachkräftemangel effektiv zu begegnen, darin waren sich die Diskutanten unter Moderation von Dr. Florian Staeck von der Ärzte Zeitung  einig. Um beispielsweise die 170.000 bis 350.000 Pflegekräfte, die laut einer Befragung eventuell bereit für eine Rückkehr in den Pflegeberuf wären, tatsächlich in die Gesundheitsversorgung zurückzubekommen, muss auch eine „Verbesserung der Arbeitsbedingungen Teil des Konzepts sein“, unterstrich Biggi Bender von der B 52-Verbändekooperation.

Zu einer krisenfesten Gesundheitsversorgung gehört zum einen, die Gesundheitsinfrastruktur resilienter aufzustellen. Zum anderen müsse aber auch die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung verbessert werden, betonte Alexander Salomon von der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Vorsitzender der Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ des Landtags Baden-Württemberg. Als wichtige Ansätze nannte er Prävention bei vulnerablen Gesellschaftsgruppen, eine ressortübergreifende Strategie für Gesundheitsförderung, aber vor allem auch eine transparente und verständliche Kommunikation.

Hintergrund: 

Zur Arbeitsgemeinschaft B 52-Verbändekooperation Baden-Württemberg gehören der BKK Landesverband Süd, die IKK classic, der Verband der Ersatzkassen Baden-Württemberg und die KNAPPSCHAFT. Circa 55 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg vertrauen diesen Krankenkassen und sind bei diesen versichert.

Die vier Krankenkassenarten bilden seit vielen Jahren eine einzigartige Kooperationsgemeinschaft, die es so nur in Baden-Württemberg gibt und die es sich zum Ziel gesetzt hat, gemeinsame Interessen und politische Positionen abzustimmen und dadurch Effizienzsteigerungen, Synergieeffekte und noch mehr Qualität für die Versicherten und Patienten zu erreichen.

Ansprechpartner für die Presse:

BKK Landesverband Süd, Kornwestheim
Carlos Philipp
Telefon: 07154 1316-520

IKK classic
Pressestelle Baden-Württemberg, Göppingen
Bettina Uhrmann
Telefon: 07161 9777 40-014

KNAPPSCHAFT
Regionaldirektion München
Gisbert Frühauf
Telefon: 089 3817 54-05

Verband der Ersatzkassen (vdek)
Landesvertretung Baden-Württemberg, Stuttgart
Frank Winkler
Telefon: 0711 2395-419 

Von links nach rechts: Dr. Florian Staeck (Moderator), Dr. Christian Korbanka (IKK classic), Jacqueline Kühne (BKK Landesverband Süd), Prof. Dr. med. Mark Dominik Alscher (medizinischer Geschäftsführer Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart), Manne Lucha MdL (Gesundheitsminister von Baden-Württemberg), Anton Haupenthal (KNAPPSCHAFT), Prof. Dr. med. Nicola Buhlinger-Göpfarth (Vorsitzende des Hausärzteverbandes Baden-Württemberg), Biggi Bender (vdek) und Alexander Salomon MdL (Vorsitzender der Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ des Landtages Baden-Württemberg). Foto: Silicya Roth/B 52-Verbändekooperation Baden-Württemberg
Von links nach rechts: Dr. Florian Staeck (Moderator), Dr. Christian Korbanka (IKK classic), Jacqueline Kühne (BKK Landesverband Süd), Prof. Dr. med. Mark Dominik Alscher (medizinischer Geschäftsführer Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart), Manne Lucha MdL (Gesundheitsminister von Baden-Württemberg), Anton Haupenthal (KNAPPSCHAFT), Prof. Dr. med. Nicola Buhlinger-Göpfarth (Vorsitzende des Hausärzteverbandes Baden-Württemberg), Biggi Bender (vdek) und Alexander Salomon MdL (Vorsitzender der Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ des Landtages Baden-Württemberg). Foto: Silicya Roth/B 52-Verbändekooperation Baden-Württemberg

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